Pressemeldungen der Stadt Koblenz
Louise Lang – Capturing Diffring Preis Für Skulptur 2021
Eröffnung: 03. Februar 2023, 19 Uhr
Laufzeit: 04. Februar bis 30. April 2023
Seit ca. 4000 Jahren ist Glas elementarer Bestandteil unserer Zivilisationsgeschichte. Ohne Glas gäbe es keine Renaissance der Wissenschaften und der Kunst. Unsere Gegenwart und Zukunft ist ohne Glas und Glasfaser nicht denkbar und wohl kein anderes Material symbolisiert in seinen elementaren Eigenschaften so sehr die Fragilität aktueller globaler Situationen.
Glas in seiner unendlichen Formenvielfalt wird schon in frühen Jahren ihrer Jugend zur Passion. Konsequent erlernt Louise Lang das Handwerk der Glasmacherin, es ist die Quelle ihres künstlerischen Schaffens und Experimentier- und Forschungsfeld. Atem – Temperatur – Zeit sind maßgebliche und zielführende Bedingungen des kreativen Prozesses, der vom flüssigen zum festen Zustand einer Idee der Künstlerin folgt.
Grenzen des Machbaren ausloten, Risiken kalkulieren, Balance halten, den Drang zu alles vernichtenden Überschreitungen überwinden oder zulassen, sind ihre Herausforderungen – und zugleich aktuelle Belange angesichts heutiger gesamtgesellschaftlicher Bedrohungen und der des Planeten Erde.
Lang schärft die Wahrnehmung an uns täglich begegnenden Gegenständen aus Glas. Sie durchschreitet den Bereich von innen nach außen, von außen nach innen, thematisiert (durchsichtige) Trennung, Zerbrechlichkeit und Spaltung.
Sie schleift, ritzt, schneidet, bricht. Temperaturunterschiede provozieren Spannungen, verursachen Strukturen, Spuren im Glas. Es gehe um die knackenden Momente und den wahren Purismus des Glases, so Lang.
Sprünge zulassen, Lücken, Bruchstücke, Scherben. Diese greift sie in linearen Zeichnungen auf, ausdrucksstarke Lichtphänomene hält sie in Siebdrucken, Videos und Fotografien fest.
Eine Affinität zu Paul Klee, Eduardo Chillida, James Turell oder Pierre Huyghe ist naheliegend. Die Arbeiten von Lang eröffnen eine erweiterte ästhetische Dimension des Materials. In Spiegelungen der Materialoberfläche wird Unsichtbares erfasst. Die Künstlerin verweist auf eine Wahrheit über die Form hinaus. Perspektiven werden relativiert. Hauchdünn ausgeblasene Glasfolien, zart in ihrer Leichtigkeit bilden eine kompakte, transzendierende („mutierte“) Form der ursprünglichen Blase. Eine magische Anziehungskraft setzt Imagination, Assoziationen frei.
Louise Lang spielt mit Risikofaktoren und reflektiert dabei die Vulnerabilität der Menschheit. Sie bündelt in ihren variationsreichen Arbeiten energetische wie spirituelle Fragen. Transparent und Licht/Schatten spiegeln poetisch und erkenntnisreich das Bewusstsein eines Menschen im Anthropozän und stellt ihn – in absentia – ins Zentrum einer „Artificial Landscape“ (2020).
Joachim Becker, künstlerischer Berater der Jacqueline Diffring Collection
02/2022