Mittelrhein-Museum

Leben in Koblenz

Kultur

Koblenzer Mundart

von Hannelore Kraeber

Koblenzer Mundart gehört zum Moselfränkischen. Mit Stolz können wir Koblenzer auf die ältesten Mundart-Wortsammlungen im Rheinland zurückgreifen. Schon 1787 publizierte der Koblenzer J.H. von Bleul eine Koblenzer Wortliste in mehreren Folgen in „Allgemeines Churtrierisches Intelligenzblatt“. Dadurch kann mit dem „Neuen Wörterbuch der Koblenzer Mundart“ von Hannelore Kraeber eine dokumentierte Koblenzer Sprachsammlung von über 200 Jahren vorgelegt werden. Dies gilt als Rarität unter den Mundartaufzeichnungen.


Klor läit die tatsach off der Hand, on jedermann moß bekenne, dat vurnehm net noch elegant ons „Kowelenzer Platt“ ze nenne. On doch hann schunns vor Johre sich, wie dä Chronist hat festgehalle, dä Görres und Ferscht Metternich en onser Mondart onnerhalle. (J. Moos)

Was die Koblenzer Mundart von anderen rheinischen Dialekten unterscheidet ist der Tonfall. Dem singenden, ja melodischen Sprechen des Rheinländers steht das Eigentümliche der Koblenzer Mundart gegenüber. Kennzeichen sind u.a. eine ebene Tonlage, eine besondere Vorliebe für breite Laute und Verlängerung der Lautdauer. Beispiele: wierd (wird), Biere (Birne). Dies findet man auch bei den Konsonanten nach Vokalen. Beispiele: vill (viel), Spill (Spiel). Wie viele Rheinländer allgemein freuen sich die Koblenzer aber über besonders viele französische Dialektwörter. Sog. „Franzosenzeiten“, die Besatzungszeiten, in denen Koblenz durch die vielen Emigranten auch „Klein Paris“ genannt wurde, die Koblenzer Zeitungen zweisprachig waren, haben sich besonders auf die Koblenzer Mundart ausgewirkt. Blümo, Filou, Parablü, Drottewaar, Fissemadente und andere mehr sind auch heute noch unumstrittene Lieblingswörter der Koblenzer.


Die Mondart soll mer halle wert, sich liebend ihr verschreiwe, se ze verleugne wär verkehrt, moß ons erhalle bleiwe. (J. Moos)

Die Koblenzer Stadtmundart gilt auch heute noch als die eigentliche Koblenzer Muttersprache. Die Lautverschiebungen von Stadtteil zu Stadtteil sind verschieden. Das führt oft zu einem Mischdialekt. Die Schüler der weiterführenden Schulen und die arbeitende Bevölkerung aus den Vororten und dem Umkreis machen oft die Innenstadt zu einem Schmelztiegel in Sachen Sprache. „...buntscheckige Übergangsformen treten auf, die hin- und herfliegen, ohne je wieder zu einem besonderen Charakter sich zu gestalten“, Chr. V. Stramberg 1869 über die Koblenzer Mundart. Dadurch sind die Koblenzer wie viele Rheinländer andernorts besorgt, dass es künftig zu einer regional geprägten Umgangssprache, einem sog. Regiolekt, kommt. „Im Regiolekt werden typische Ausdrücke aus dem Dialekt übernommen, wie ‚dat’ und ‚wat’. Dies hat aber mit Mundart nur noch oberflächlich etwas zu tun. Die Koblenzer steuern dagegen und bemühen sich um den Erhalt ihrer Muttersprache. Als Anreiz wurde z.B. schon vor über 10 Jahren ein ‚Muttersprachpreis“ geschaffen, mit dem jährlich eine Person oder Gruppe ausgezeichnet wird, die sich besonders für die Mundart eingesetzt hat.


Kennenlernen der Koblenzer Mundart

  • Koblenzer Muttersprache

    von Hannelore Kraeber

    In Wortartikeln wird das Mundartwort mit grammatischen Angaben vorgestellt und aufgezeigt in welchen Verbindungen es gebraucht wird – oft in „Steckelcher“ und welche Bedeutungsnuancen es besitzt. (Willkürliche Auswahl aus Hannelore Kraeber, Neues Wörterbuch der Koblenzer Mundart)

    Schängel, dä, pl. –e, Dim. Schängelche

    1. Jean, Vorname, aus dem in der Vergangenheit stark gebräuchlichen Namen Johann und französischem Vornamen Jean (Schang)* wurde in der Mundart „Schängel“, * s. auch Schangele
    2. Pseudonym für alle Koblenzer. Die Hymne dazu, dat „Kowelenzer Schängelche“ vom Mundartdichter Josef Cornelius wurde von Carl Kraehmer vertont, der Schängelbrunnen am Rathaus wurde 1940 von Prof. Burger geschaffen.
    3. Lokalanzeiger, Koblenzer Schängel, „Dä Schängel“ wie dat Wocheblättche liebevoll von dänne Kowelenzer genannt wierd, kimmt seit 1964 in der Rejel äimol en der Woch.
    4. Schängel.Maat, Verkaufsmarkt des Koblenzer Handels jeweils im September, veranstaltet vom Koblenzer Bürger- und Verkehrsverein.

    Schangel, dä, pl. –e

    Franzosen, Die Schangele scheine bei de Kowelenzer Mädcher schwer beliebt gewes zu säin. Dat es sugar em ierschde Lehrplan für die Eziehung des weiblischen Geschlechts zo Beginn vom 9. Jh. Berücksichtischt wure. Verfasser wor der Pasdur J.G. Lang. Do kammer o.a. lese: „VII-Französische Sprache, Diese Sprache ist allgemein beliebt und für das Frauenzimmer beinahe unentbehrlich. Man siehet die Erlernung derselben als einen wesentlichen Theil der weiblichen Erziehung.“

    Fackelzuch, dä, pl. –zisch

    1. Umzug an St. Martin
    2. Fackelzuch mache, umschweifiges Reden, „Mach net esu en Fackelzuch, komm zor Sach.“
    3. Aufhebens, Dä Kaiser Napoleon hat Kowelenz e Stadtwappe, dat sugar am 7.Nov.1811 vom Innenministerium en Paris ausgewählt on genehmischt es wur, verliehe. Scheinbar hat mer awer keine Fackelzuch domet gemacht, denn närjens es bekannt, ob dat Wappe von „Napoleons Gnad“ jemols gebraucht es wur. En demm Stadtarchiv on enem Landeshauptarchiv wierd et offbewahrt.

    Monnie, die

    Geld, Monnie es freher en der Münz om Münzplatz gepräscht wur. En der französischen Zäit hiss dä Platz deshalw „ruelle de la monai“. So stieht et winnistens em Almanach d’adresses de la ville de Coblence pur 1804.>frz. monnaie<

    Steckelche, dat, pl. –r

    Kleine Erzählung, kleine Anekdote, Die Kowelenzer Steckelcher von Josef Eisenach säin häit noch en Fondgruw fier aale Kowelenzer Geschichtcher.

  • Koblenzer Spruchweisheiten

    von Hannelore Kraeber

    Koblenzer Spruchweisheiten halten die Lebenserfahrung – die Weisheit der Schängel – fest.
    (aus: Hannelore Kraeber, Neues Wörterbuch der Koblenzer Mundart, Herausgeber der 1. Auflage: Stadt Koblenz, 1991)

    ...on die Moral von der Geschicht,
    echte Kowelenzer fiere net henner-et Licht.
    Mer kimmt inne schnell off die Schlich,
    zeije se doch en ihre Sprich ihr wahr Gesicht.

    Koblenzer Eigenschaften (ohne Rangfolge)

    Im Folgenden sind Koblenzer Eigenschaften aufgelistet, die durch Koblenzer Redewendungen und Sprüche "bewiesen" werden:

    diplomatisch: Käi Antwort es och en Antwort.

    ehrlich: Vorne weck, brennt henne net.

    freudig: Mer säin als aussem Häisje.

    genießerisch: Wat Goodes offem Dill hält Leiw on Seel zesamme.

    gewitzt: Ab on zo moß mer mol et Fähnche no-em Wend dräje.

    großzügig: Mer läßt sich net lompe oder mer sooche net en de Kremmele.

    hilfsbereit: Vill Hänn mache baal e Enn.

    korrekt: Mer setzt sich käi Läis en de Pelz.

    kritisch: Manche Läit säin päpstliche wie de Pabst.

    lebensfroh: Mer losse de lewe Gott och emol en goode Mann säin.

    lebensklug: Vom ville Schaffe ginn die beste Pärd kabott.

    lernbegierig: Zom Liere es-et nie zo spät.

    mitfühlend: Dä oder dat läift rom wie en geprüjelte Hond.

    offen: Dä Blick, dat Gesicht sääd alles.

    pädagogisch: Mer haut keine Esel raus, awer honnert renn.

    realistisch: Mer mache Näjel met Kepp.

    tolerant: Et kann säin, wie et well, awer...

    vorsichtig: Paß off, et Wasser es net gebälkt.

    zufrieden: Wenn net, dann net.

    zuverlässig: Met uns kammer Pärd stehle ginn.

  • Koblenzer Kose- und Schimpfnamen

    von Hannelore Kraeber

    Wer mer säin? Mer säin wer!

    Vom frühen 20. Jahrhundert an macht die fiktive Altstädter Hotzel-Familisch bis in heutige Karnevalsveranstaltungen von sich Reden. Ihr Name lässt sich durch alte Flurbezeichnungen am Lützel-Neuendorfer Eck, heutiger Campingplatz, herleiten. 1511 gab es dort an der „Huczellynde“ einen Wingert und 1613 am „Hotzelpfad“ einen Acker.


    Kennt ihr dann noch die Hotzels net,
    die Modder, Vadder, Pänz?
    Mer säin ganz ohne Konkerrenz!

    (aus Hans Nobel, Die Hotzels 1981)

    Rau aber herzlich ist der Umgangston:
    (jede Bezeichnung zutreffend)

    Die Hotzels ist die Bezeichnung für die Familie, Sippe

    weitere:
    Bagaasch, dat, Gesindel, Pack, Schimpfwort für Verwandte
    Soome, dä, liederliche, unordentliche Familie, die oft auch moralisch nicht einwandfrei oft sittenlos lebt.
    Hottvollee, die, vornehme Gesellschaft
    Huhsäijer, die, pseudo-vornehme Gesellschaft


    Dat Hotzelche ist die Bezeichnung für ein liebes Kind

    weitere:
    Bunsel, die, pl. –e, Dim. Bunselche, kleines, liebenswertes Mädchen
    Quack, die, pl. –e, die, Dim. Quackche, kleines, gewitztes Mädchen
    Goldijer Stromp, dä, pl. Stremp, Dim. Strempche, kleiner, reizender Junge, der jeden in seinen Bann zieht
    Massik, dä, pl. –e, Dim. Massikche, besonders eigenwilliger und eigensinniger Junge, der seinen Willen unbedingt durchsetzen möchte.


    Die Hotzels ist die Bezeichnung für eine gute Frau

    weitere:
    Aal Schärwel, pl. –e, Dim. Schärwelche, alte Frau, die trotz ihrer Gehbehinderung noch gerne durch die Stadt „schärwelt“ (geht) und gerne überall dabei ist
    Fregatt, die, pl. –e, abgetakelte Frau, die noch alles einsetzt, um noch attraktiv zu wirken


    Dä Hotzel ist die Bezeichnung für einen guten Mann

    weitere:
    Äibsche, dat, pl. –r, einfältiger, argloser Mann von gutmütiger Beschränktheit
    Bärbaiser, dä, pl. –e, Dim. Bärbaisersche, unzulänglicher, unfreundlicher Mann, dem selten ein gutes Wort aus dem Mund kommt.

    (aus Hannelore Kraeber, Hotzelfamilisch, Koblenzer Kose- und Schimpfnamen)