Mittelrhein-Museum

Leben in Koblenz

Kultur

Bauakten vor 1945

Im Stadtarchiv Koblenz werden derzeit etwa 5.000 historische Bauakten aus dem Zeitraum zwischen ca. 1880 und 1945 aufbewahrt, von denen das Gros aus der Zeit nach 1900 datiert. Selbstverständlich waren Bauvorhaben jeglicher Art (staatliche, städtische und private) auch schon vor 1880 genehmigungspflichtig – in der durch die Festungsbauten und die Lage an gleich zwei Flüssen in ein enges räumliches Korsett gezwängten Garnisonsstadt Koblenz ohnehin.[1] Tatsächlich existieren aus diesem Zeitraum aber nur noch wenige Einzelstücke, die im Bestand 623, Akten und Amtsbücher 1814 bis 1945, und im Bestand 655,10 verstreut sind. Baupolizeiliche Verordnungen, die darüber hinaus auf den Schutz der am Bau beteiligten Handwerker und der späteren Hausbewohner, die öffentliche Sicherheit hinsichtlich der Konstruktion und Feuergefahr sowie die Verkehrssicherheit vor und nach dem Bau abzielen, setzen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Dementsprechend sind Bauakten „als serielle Akten der kommunalen Bauverwaltung“[2] noch recht jung und in Koblenz gerade einmal ca. 140 Jahre alt. Wie das Meldewesen auch, fiel in der Rhein-Mosel-Stadt die Genehmigung, Überwachung und Abnahme von Bauvorhaben in den Zuständigkeitsbereich der Ortspolizeiverwaltung (Königliche Baupolizei). Der sehr umfangreiche, homogene und erfreulich vollständige Bestand 623,1 ist offensichtlich der Einrichtung eines nach heutigem Verständnis modernen Stadtbauamtes im Jahr 1889/1890 zu verdanken.[3]

Während die Bauaufsichtsbehörden vieler anderer Städte (z.B. in Mainz) die Bauunterlagen der im Zweiten Weltkrieg komplett zerstörten oder aus anderen Gründen nicht mehr existenten Gebäude aussortiert und kassiert haben, sind in Koblenz auch diejenigen Bauakten im Bestand verblieben, zu denen es gar keine Häuser mehr gibt. Dieser äußerst glückliche Umstand ermöglicht es der Nachwelt, sich anhand der in den meisten Baugenehmigungsverfahren überlieferten Baupläne und Fassadenansichten auch von vielen der Anwesen ein Bild zu machen, die schon lange, zumindest in ihrer ursprünglichen Form, wieder verschwunden waren, bevor das Medium Fotografie für jedermann erschwinglich, praktikabel und aus gegenwärtiger Sicht geradezu inflationär nutzbar wurde. Dabei sollte und muss auch an die Informationen aus den Bauakten mit der nötigen quellenkritischen Haltung herangegangen werden. Denn „Bauzeichnungen sind in allererster Linie zunächst Pläne und nicht Bestandsaufnahmen“.[4] Gerade bei Details ist immer wieder zu beobachten, dass vom Architekten zwar exakte Vorgaben gemacht, diese aber in der Realität, aus welchen Gründen auch immer, nicht unbedingt hundertprozentig umgesetzt wurden. Nichtsdestotrotz bleibt die Bauakte die „primäre, originäre und authentische Form einer archivischen Schriftquelle“,[5] zumal gravierende Abweichungen von den ursprünglichen Plänen gemäß dem strengen deutschen Baurecht wiederum in den Bauunterlagen zu dokumentieren gewesen wären.

Aktendeckel der Bauakte zur Burgstraße 6 (StAK 623,1 Nr. 1104).


Mozartstraße 6 (StAK 623,1 Nr. 2379).


Kaiserin-Augusta-Anlagen 15 (StAK 623,1 Nr. 1751).


[1] Zum Instanzenweg bei Bauvorhaben innerhalb des Festungsrayons vgl. Coblenzer Zeitung (CZ) Nr. 81 vom 7.4.1859, S. 3, Rubrik „Bekanntmachungen“: (…) daß erst dann zum Beginn des beauftragten Baues geschritten werden darf, wenn in Folge stattgefundener Prüfung des Bau-Antrages in allen Instanzen von der unterzeichneten Behörde dem Antragsteller der nothwendige förmliche polizeiliche Bau-Consens ausgehändigt ist. Bau-Anträge sind bei der unterzeichneten Bau-Polizei-Behörde einzureichen, welche dieselben zur Prüfung aus militärischem Standpunkte der betreffenden Militär-Behörde übersendet, und von dieser zurück empfängt. (…) Coblenz, den 1. April 1859“.

[2] Stefan Frankewitz, Das Kommunalarchiv und die Bauforschung. Möglichkeiten und Grenzen. In: Zur Bauforschung im Rheinland. Hrsg. im Auftrag des Arbeitskreises für Hausforschung e.V. und des Arbeitskreises für Hausforschung im Rheinland von G. Ulrich Großmann, Dirk J. de Vries, Klaus Freckmann und Ulrich Klein. (= Berichte zur Haus- und Bauforschung 5). Marburg 1998, S. 15-20, hier S. 16 und S. 17 [künftig zitiert als: Frankewitz, Kommunalarchiv und Bauforschung].

[3] Vgl. StAK DB 10, Stadtverwaltung (Bauverwaltung), hier: Die Organisation und Registratur der Bauverwaltung der Stadt Koblenz, S. 1.

[4] Frankewitz, Kommunalarchiv und Bauforschung, S. 16.

[5] Ebd., S. 16.