Mittelrhein-Museum

Leben in Koblenz

Kultur

Historische Plakate

Im Lichte antiker Vor- bzw. Frühformen in Gestalt einfacher „Wandbeschriftungen mit Werbebotschaften“[1] konnten seit dem 15. Jahrhundert mittels Buchdruck, Holzschnitt, (Farb-)Lithografie sowie Stein- und Offset-Druck zunächst „nur“ Texte mit unterschiedlichem Umfang, dann aber nach und nach auch mit teilweise schon farbigen Abbildungen flugblattartig auf papiernen Untergrund gedruckt und an öffentlichen Stellen bzw. Orten angeschlagen werden.

Fleischverkauf und Fleischtaxe – das älteste „Plakat“ im Stadtarchiv Koblenz anlässlich der notwendigen Regelung des Fleischverkaufs aufgrund verschiedener Klagen, 9. Juli 1818 (StAK P Nr. 153). Herausgeber: Oberbürgermeisterei Koblenz; Format: 23 x 27,5 cm.


1854/55 entstand in Berlin die erste Säule des Buchdruckers Ernst „Litfaß“, an der er (Werbe-)Plakate befestigte. Waren die frühen Exemplare noch eher klein und unscheinbar, entstanden vor allem seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert dann - zeitweise auch unter verschiedenen künstlerischen Einflüssen - immer komplexere, größere und auffallendere Text- und Bildplakate in hoher Zahl. Industrialisierung, Konsum und Kultur sowie die Weiterentwicklung (typo-)grafischer Verfahren trugen das Ihrige dazu bei. Im 20. Jahrhundert fanden Plakate schließlich weltweite Verbreitung und werden bis heute gut sichtbar und öffentlichkeitswirksam sowohl (noch) analog an (Haus-)Wänden, Türen, Tafeln, Säulen als auch immer mehr im digital-virtuellen Raum zur Schau gestellt. Mit Blick auf deren Inhalte bzw. Themen, (Entstehungs-)Kontexte sowie Intentionen sind sie damals wie heute grob in den Bereichen Recht und Politik, Krieg, Werbung sowie Unterhaltung und Kultur zu verorten. Sie „sollen informieren, werben, Zustimmung heischen, Gegner diffamieren, zur Aktion bewegen.“[2] Nicht selten sind sie entsprechend „auffällig, eingängig und wirkungsvoll“[3] gestaltet und zeugen von einer gewissen Überspitzung und Polemik. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebten neben politischen Plakaten insbesondere (kommerzielle) Werbeplakate seit den 1950er Jahren eine (neue) Blütezeit. Im Sinne des Ausspruches „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“[4] konnten und können eher bildungsferne Rezipienten mit wenig(er) Text und mehr Bild besser erreicht werden. Als „publizistische Medien“[5]  dienen sie nach wie vor „einer einseitigen Massenkommunikation“[6] mit der Öffentlichkeit, werden aber mittlerweile auch von anderen Massenmedien begleitet.[7]

Plakat anlässlich der Aufführung der Operette „Die Fledermaus“ am 29. Oktober 1896 im Koblenzer Stadttheater (StAK P Nr. 220). Herausgeber: Stadt Koblenz, Stadttheater; Hersteller: Krabben, Koblenz; Format: 26 x 35,5 cm.


Plakat anlässlich der Feuerwerks- und Beleuchtungsveranstaltungen im Siebengebirge, am Mittelrhein, St. Goar/St. Goarshausen, Kaub, Oberwesel, Bacharach, Niederheimbach, Bingen/Rüdesheim, Rheingau und Niederrhein, ca. 1931/32 (StAK P Nr. 144). Herausgeber: vermutlich Landesfremdenverkehrsverband Rheinland; Grafiker: Marker; Hersteller: Aachener Verlags- und Druckerei-Gesellschaft; Format: 52 x 75,5 cm.


Plakat vom 2. Oktober 1945 anlässlich des Besuchs von General de Gaulle in Koblenz am 3. Oktober 1945 (StAK P Nr. 79). Herausgeber: Oberbürgermeister Wilhelm Kurth; Hersteller: Görres-Druckerei, Koblenz; Format: 29,5 x 41,5 cm.


Plakat anlässlich der Aufführung „Eine Nacht in Venedig“ vom 2. Juli bis zum 27. August 1950 im Rahmen der Operettenfestspiele auf dem Rhein, Koblenz, 1950 (StAK P Nr. 201). Herausgeber: Stadt Koblenz, Stadttheater; Grafiker: Rudolf Kaster; Hersteller: Gebrüder Breuer, Koblenz-Lützel; Format: 59,5 x 85 cm.


Plakat anlässlich des Rosenmontagszuges am 24. Februar 1952 in Koblenz, 1952 (StAK P Nr. 145). Grafiker: Ernst-Friedrich Grüttner; Hersteller: Gebrüder Breuer, Koblenz-Lützel; Format: 58 x 83 cm.


Plakat anlässlich des Beginns des Weihnachtsgeschäfts, Koblenz, November/Dezember 1952 (StAK P Nr. 148). Grafiker: Ernst-Friedrich Grüttner; Hersteller: Gebrüder Breuer, Koblenz-Lützel; Format: 59 x 83,5 cm.


In Archiven gehören Plakate zu den objektspezifischen Sammlungsbeständen. Sie können Gegenstand sowohl historischer als auch kunsthistorischer und kommunikationswissenschaftlicher Untersuchungen sein. In der Geschichtswissenschaft gehören historische Plakate zu den sogenannten „Überrestquellen“; dabei werden reine Textplakate als Schrift-, bebilderte Plakate hingegen als Bildquellen verstanden. Als Druckerzeugnisse sind insbesondere Plakate aus dem 19./20. Jahrhundert vielfach in archivischen, musealen und/oder bibliothekarischen Sammlungen überliefert. Sie gelten auch und gerade im Rahmen der Historischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit als besonders anschaulich und gut zugänglich.[8]

Hinsichtlich des Quellenwerts erlauben Sie im Zuge der Analyse, historischen Kontextualisierung und Deutung – häufig anhand rückblickend nicht immer einfach zu entschlüsselnder Allegorien, Symbole, Farben und/oder Stereotype usw. – kompakte Einblicke in „eine zeitgenössische Perspektive, ein Programm, ein Werturteil oder eine Ideologie“[9]. Sie spiegeln wenigstens ansatzweise „nicht nur Überzeugungen und Meinungen, sondern auch Wirkungsabsichten“[10] und „Grundströmungen einer Zeit“[11] wider. Insbesondere Plakate zu Werbezwecken liefern alltags- und mentalitätsgeschichtliche Informationen über „zeittypische Interessen, Haltungen, Bedürfnisse und Sehnsüchte“[12]. Bei der Auswertung historischer Plakate muss allerdings ebenfalls unbedingt beachtet werden, dass auch diese historischen Quellen mitunter massiv tendenziös ausfallen und neben Hersteller, Herausgeber usw. auch deren Inhalt und Gestaltungsmittel entsprechend zu deuten sind.[13]



[1] Siehe Schiffer, Peter: Plakate, 29. Juni 2017, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: https://www.leo-bw.de/themenmodul/sudwestdeutsche-archivalienkunde/archivaliengattungen/drucksachen/plakate (Aufruf: 7.12.2022). 

[2] Siehe Sauer, Michael: Historische Plakate, 6. Februar 2007, in: bpb, abrufbar unter URL: https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/bilder-in-geschichte-und-politik/73211/historische-plakate/ (Aufruf: 7.12.2022).

[3] Ebd.

[4] Siehe Grotz, Matthias; Wettengel, Michael: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Bilder, Plakate, Filme und Tondokumente im Archiv, in: Arbeitsgemeinschaft Archive im Städtetag Baden-Württemberg (Hrsg.): Stadtgedächtnis - Stadtgewissen - Stadtgeschichte! Angebote, Aufgaben und Leistungen der Stadtarchive in Baden-Württemberg, S. 75-80.

[5] Siehe Schiffer: Plakate.

[6] Ebd.

[7] Vgl. zu dem gesamten Abschnitt ebd.; Sauer: Historische Plakate; Mayer, Verena: Stadtarchitektur: Litfaßsäulen. Die Stützen der Gesellschaft, 24. März 2019, in: Süddeutsche Zeitung online, abrufbar unter URL: https://www.sueddeutsche.de/leben/berlin-litfasssaeule-abriss-kulturgut-1.4376669 (Aufruf: 19.12.2022); Grotz; Wettengel: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, S. 78-79.

[8] Vgl. Schiffer: Plakate.

[9] Siehe Sauer: Historische Plakate.

[10] Ebd.

[11] Ebd.

[12] Ebd.

[13] Vgl. ebd.; Schiffer: Plakate; Grotz; Wettengel: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, S. 79.