Esther-Bejarano-Straße

Beschreibung

Kommentar zur Lage:
Altstadt

Erklärung:
Esther Bejarano wurde am 15. Dezember 1924 als Tochter des Kantors Rudolf Loewy und der Lehrerin Margarethe Heymann in Saarlouis geboren. Nach der Saarabstimmung und der Rückgliederung des damaligen Saargebiets an das Deutsche Reich im Jahr 1935 zog die Familie zuerst nach Ulm, dann nach Berlin um. Esther besuchte bis 1938 das jüdische Landschulheim Herrlingen, anschließend die jüdische Volksschule in Ulm bevor sie 1941 als Zwangsarbeiterin in einem Fleurop-Blumenladen in Fürstenwalde arbeiten musste. Ihre zwei älteren Geschwister wanderten 1937 in die USA und nach Palästina aus. Eine weitere Schwester und ihre Eltern wurden nach erfolglosen Auswanderungsgesuchen von den Nationalsozialisten ermordet. Esther wurde 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und spielte dort Akkordeon im Mädchenorchester. Nach einer Erkrankung wurde sie in nach Ravensbrück gebracht und erneut zur Zwangsarbeit verpflichtet. Die Befreiung durch die US-amerikanischen Truppen erlebte sie 1945 während den sogenannten Todesmärschen in Lübz.
Nach dem Krieg wanderte sie zu ihrer Schwester nach Palästina aus, nahm ein Gesangsstudium in Tel Aviv auf und leistete 1948/49 den Militärdienst für Israel. 1950 heiratete sie den Lastwagenfahrer Nissim Bejarano. Zehn Jahre später kehrte das Paar mit ihren zwei Kindern Joram und Edna in die Bundesrepublik Deutschland zurück. In Hamburg eröffnete Ester eine Boutique und trat in die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) ein. In den darauffolgenden Jahren engagierte sie sich in der politischen Kultur- und Bildungsarbeit und gründete u.a. das Auschwitz-Komitee für die Bundesrepublik Deutschland. Als Zeitzeugin, Literatin und Sängerin trug sie bis zu ihrem Tod am 10. Juli 2021 maßgeblich zu der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit bei. Für Ihre Verdienste wurde sie 2008 mit dem Verdienstkreuz I. Klasse der Bundesrepublik Deutschland und am 26. April 2012 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Erinnerungskultur - Danziger Freiheit (ehemeliger Straßenname)

chronologische Folge der Benennungen:
1. Danziger Freiheit*
„Die Fläche am Rheinwerft, beginnend am alten Treppenaufgang zur Rheinzollstraße, die begrenzt wird vom Kastorplatz, Deutsch-Ordenshaus, Denkmal und Ufermauer“ (Stadtarchiv Koblenz 623 Nr. 8116, S. 365).
Benennung:
Verfügung des Koblenzer Polizeipräsidenten vom: 6.10.1934 (Mitteilung Amt 62 vom 31.8.2018).
Ausdehnung auf die heutige Straßenführung nach der Neugestaltung der Rheinfront im Jahr 1975 (Mitteilung Amt 62 vom 31.8.2018).
B. wohl anläßlich der Eröffnung der „Ostausstellung“ am 24.3.1934 in der Festhalle mit dem Besuch einer Danziger Delegation und einer HJ-Kundgebung am Deutschen Eck (Nationalblatt Nr. 71, 26.3.1934, S. 3). – „Wer von den Koblenzern kennt die Straße Danziger Freiheit? Auch das Adreßbuch gibt über diesen häuserlosen Straßenzug keine Auskunft. Das Schildchen befindet sich am Ende der Rheinzollstraße unterhalb der St. Castorkirche. Die Danziger Freiheit erstreckt sich von hier bis zum Deutschen Eck. Der Name hat aber keinen Eingang in die Bevölkerung gefunden, da man gewohnt ist, diese Uferpartie als Am deutschen Eck zu bezeichnen. So ist das Straßenschild lediglich ein Erinnerungs- und Gedenkzeichen, das man nach dem Abzug der Besatzung zum Ausdruck der Verbundenheit des Westens mit dem Osten angebracht hat“ (Koblenzer Volks-Zeitung Nr. 38, 15./16.2.1936, S. 5). – Vgl. auch Nationalblatt Nr. 128, 3.6.1943, S. 4: „Zwischen gestern und heute“ zu einer Pflanzenkrankheit, die die Platanenallee auf dem Rheinwerft „in der Nähe der Danziger Freiheit“ befallen habe.
Neue postalische Anschrift des Deutschherrenhauses nach Herstellung einer neuen Zuwegung zum Gebäude statt „Kastorhof 35“ ab 22.2.1991 „Danziger Freiheit 1“ (Stadtarchiv Koblenz 623 Nr. 9642, S. 26 = Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters der Stadt Koblenz Nr. 8, 4.3.1991, S. 2). – Mersmann, Stephanie: Heikle Straßennamen auf dem Prüfstand. Arbeitskreis beschäftigt sich mit Relikten aus der NS-Zeit und anderen Epochen. In: Rhein Zeitung, Ausgabe B0, Nr. 114, 17.5.2017, S. 13. – Kellermann, Matthias: „Vorherrschender Zeitgeist“ (Leserbrief). In: Rhein-Zeitung, Ausgabe B0, Nr. 116, 20.5.2019, S. 24.
Erklärung:
Seit 1920 stand Danzig gemäß dem Versailler Vertrag unter Völkerbundsmandat. Der Straßenname steht für die Forderung der Nationalsozialisten nach Rückgliederung Danzigs an Deutschland. – Umbenennung eines Teils der Danziger Freiheit in „Dechant-Homscheid-Straße“: Rhein Zeitung Nr. 42, 19.2.2005, S. 18; Sitzung des Stadtrates vom 27.1.2005, TOP 9. Nach Mitteilung von Amt 62 vom 3.3.2008 handelt es sich um das Straßenstück entlang des Busparkplatzes am Deutschen Eck und vor dem Ludwig Museum. Nach Auskunft des Ludwig Museums lautet die Hausadresse des Museums aber weiterhin „Danziger Freiheit 1“.
2019 ergaben Internet-Recherchen des Stadtarchivs, dass der Straßenname auch noch in Münster und in Regensburg existiert, in München wurde er dagegen nach Kriegsende in „Münchener Freiheit“ (ab 1998 Münchner Freiheit) geändert (https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchner_Freiheit, Zugriff: 21.05.2019). Die Stadt Münster führt online aus: „Die Freie Stadt Danzig bestand von 1920 bis 1939 als teilweise souveräner, selbständiger Freistaat mit polnischen Hafenrechten unter dem Schutz des Völkerbundes. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 wurde das Gebiet der Freien Stadt Danzig vom nationalsozialistischen Deutschland annektiert, 1945 von Polen annektiert und nach Kriegsende von der Sowjetunion an die polnische Verwaltung übergeben. Die Benennung in Danziger Freiheit beruhte auf einem Aufruf der Verkehrszentrale im seit 1933 nationalsozialistisch regierten Danzig, in großen deutschen Städten einen verkehrsreichen Platz Danziger Freiheit zu nennen, um der Forderung nach einer Änderung des Status der Freien Stadt Danzig Ausdruck zu geben. Hierbei berief sie sich auf eine Rede von Joseph Goebbels, die er am 17. Mai 1933 vor Vertretern des deutschen Fremdenverkehrs gehalten hatte. So gab es in vielen deutschen Städten Plätze mit diesem Namen, die zumeist nach dem Krieg wieder umbenannt wurden.“ (https://www.stadt-muenster.de/ms/strassennamen/danziger_freiheit.html, Zugriff: 21.05.2019). In Münster gab es jahrlange, teils hitzige Diskussionen um diverse Straßennamen, die letztlich 2012 nur zur Umbenennung des Hindenburgplatzes führten (ausführliche Dokumentation online, u.a. https://www.muenster.de/stadt/strassennamen/pdf/strassennamen2011-06.pdf, Zugriff: 21.05.2019). Der Straßenname „Danziger Freiheit“ stand nicht zur Debatte. In Regensburg steht der Straßenname laut einem Zeitungsbericht von 2016 auf dem Prüfstand, 2019 existiert er aber nach wie vor (https://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/stadtteile/konradsiedlung-wutzlhofen/ns-namen-regensburg-prueft-alle-strassen-21349-art1333735.html, Zugriff: 21.05.2019).


2. Esther-Bejarano-Straße: Sitzung des Stadtrates vom November 2021.