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Denkmal des Monats Januar 2024

Reste der Koblenzer Schiffsbrücke über den Rhein

Brückenköpfe und Pavillons

Wenn man heute auf der Rheinpromenade des Konrad-Adenauer-Ufers flaniert, so fällt die Vielzahl an Schiffsanlegestellen und Kioskgebäuden ins Auge. Auffällig ist besonders die heutige Anlegebrücke Nummer 6, deren Widerlager aus großen Basaltsteinen gebaut sind. Dieser Brückenkopf wird von zwei weißen Kiosken mit Pfeilervorbau und Schieferdach flankiert. Etwas daneben zeigt eine Bronzeplakette das technische Unikum, das sich hier einst befand: Die Schiffsbrücke zu Koblenz.

Die aufgefahrene Schiffsbrücke vor der Feste Ehrenbreitstein (Ansichtskarte aus der Zeit um 1905; Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Koblenz)


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    Der Übergang zwischen linkem und rechtem Rheinufer war seit der Antike nur äußerst schwierig zu meistern; so wurden schon immer Fährboote zur Querung des Rhein genutzt. Die römische Rheinbrücke lag etwa zwischen Rheinstraße und Fähranleger Ehrenbreitstein, wie Ausbaggerungen von Pfahlresten im Flussbett 1938 und 1955 belegen. Erbaut wurde diese 370 Meter lange Holzkonstruktion 49 n. Chr., zerstört wurde sie wenige Jahrzehnte später durch Eisgang.

    Kurfürst Karl Kaspar von der Leyen ließ 1663 eine kombinierte Pfahl- und Schwimmbrücke errichten; diese wurde aber schon 1670 durch Eisgang komplett zerstört. 1680 wurde eine „Fliegende Brücke“ errichtet, die bis 1819 Bestand hatte. Die Brücke wurde damals auch als „Trajekt“ (Überfahrt) bezeichnet. Es handelte sich um eine Fähre, die mitten im Rhein an einer langen Linie aus mehreren Kähnen verankert war. Die Fliegende Brücke pendelte zwischen den Ufern und wurde durch die Flussströmung gesteuert und angetrieben. Sie war für Ihre Zeit ein weithin beachtetes technisches Meisterwerk. Als das Königreich Preußen 1815 in Koblenz mit dem Bau der Festung Koblenz und Ehrenbreitstein begann, wurde schnell klar, dass die Fliegende Brücke zum Übersetzen von Personal und Fuhrwerken nicht ausreichen würde. Zusätzlich standen hohe Reparaturkosten an.  Generalmajor Ernst Ludwig Aster setzte sich im Jahr 1817 dafür ein, dass, aus militärischen und kostentechnischen Gründen, eine dauerhafte Schiffsbrücke als Alternative gebaut wird.

    Der Auftrag für den Bau der Schiffsbrücke ging 1818 an die Gebrüder Hermann und Matthias Stinnes in Ruhrort, welche in der folgenden Industrialisierung große Berühmtheit im Schiffsbau erlangen sollten. Am 18.April 1819 wurde die Brücke termingerecht unter militärischen Böllerschüssen und mit musikalischer Begleitung dem allgemeinen Verkehr übergeben. Diese 325 Meter lange Brücke bestand aus 36 hölzernen Kähnen, deren mittlere Elemente im Handbetrieb für den Schiffsverkehr ausgezogen werden konnten. Um die Brücke vor Eis und Hochwasser zu schützen, wurde am Ehrenbreitsteiner Ufer der große Schutzhafen ausgehoben. Dorthin konnte die Brücke gebracht werden, um sie vor Eisgang zu schützen. In den 1880er-Jahren wurden die ausfahrenden Joche auf Dampfkraft umgestellt und mit eisernen Kähnen versehen. Etwas später wurden auch die übrigen Holzkähne durch eiserne Kähne ersetzt.

    Die Brücke wurde auch als Freizeiteinrichtung genutzt, was nicht nur die Nutzung als Promenade zeigt, sondern auch drei Badehäuser auf der Ehrenbreitsteiner Seite.  Der Koblenzer Oberbürgermeister Abundius Mähler schlug 1819 vor, das Brückengeld rechts des Rheins zu erheben, damit die Koblenzer sonntags auf der Brücke flanieren könnten. Die Verwaltung befürchtete jedoch Unfälle und beließ die Zahlstelle für das Brückengeld auf der Koblenzer Seite – die Einwohner der Bürgermeisterei Ehrenbreitstein nutzten diesen Umstand gerne, um nun selbst auf der Brücke zu flanieren und kurz vor der Zahlstelle umzukehren.

    Das Militär als Auftraggeber genoss Sonderrechte bei der Benutzung der Brücke; so waren Soldaten in Uniform und Wagen „der Fortifikation zu dienstlichen Zwecken“ vom Brückengeld befreit. 1912 musste festgestellt werden, dass die Betriebskosten bei weitem die Einnahmen überstiegen.

    Dass die Brücke eine Hauptverkehrsader war, zeigt die Statistik: In der Zeit um 1912 überquerten täglich 10.000 Personen die Brücke, jährlich musste Sie 20.000mal für die Schifffahrt geöffnet werden.

    Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Brücke beim Rückzug der Wehrmacht im März 1945 im Rhein versenkt. Im gleichen Jahr bauten amerikanische Pioniere eine Pontonbrücke an derselben Stelle, welche dann von den französischen Streitkräften weitergenutzt wurde. Ein Hochwasser versenkte diese Brücke kurz darauf, aber aus den alten Teilen der ursprünglichen Brücke konnte eine Schiffsbrücke gebaut werden, welche bis 1947 in Betrieb war.

    Dennoch wurde sehr schnell deutlich, dass die ständigen Ein- und Ausfahrten für den gestiegenen Verkehrsfluss auf und über den Rhein nur hinderlich waren. Es war Zeit, die Brücke aufzugeben. Heute tragen die Pfaffendorfer Brücke und die Südbrücke die automobile Hauptverkehrslast; für Fußgänger und Radfahrer existiert weiterhin eine Fähre unweit der alten Stelle der Schiffsbrücke. Zum Rheinland-Pfalz-Tag 1984 bauten Pioniere der Bundeswehr eine Pontonbrücke an der Position der Schiffsbrücke und ermöglichten es zahlreichen Besuchern, eine Ahnung vom Betrieb der historischen Flussquerung zu erhalten.  Zum Altstadtfest 1985 wurde neben den ehemaligen Brückengeldhäusern eine Gedenktafelangebracht. Im Rhein-Museum in Ehrenbreitstein vermittelt ein großes Modell einen guten Eindruck von der Schiffsbrücke.

    Durchfahrt durch den Bahndamm am früheren Ehrenbreitsteiner Ende der Schiffsbrücke (Foto: Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Koblenz)